Reflowlöten

29.04.2020

0-ppm-Fehlerstrategie mit Vakuum-Reflowlöten

Absolute Qualität in LED

Wenn es um hochanspruchsvolle lichttechnische Baugruppen für die Automobilindustrie oder komplexe Mikroprozessorsteuerungen im Maschinen- und Anlagenbau geht, kommt schnell ein Name ins Spiel: Herkules-Resotec. Das Unternehmen aus Baunatal im Herzen Deutschlands entwickelt, programmiert und fertigt kundenspezifische Lösungen für OEM- und Serienprodukte – auf Automotive-Niveau, das heißt: mit 0-ppm-Fehlerstrategie. Dazu setzen die Nordhessen seit Juli auf eine weitere Lötanlage von Systemlieferant Ersa: eine Vakuum-Reflowlötanlage EXOS 10/26.

Zero parts per million als Ziel und Maßgabe, da bleibt wenig Luft für Kompromisse. Herkules-Resotec benötigt diese auch nicht, vielmehr hat der EMS-Dienstleister die hohen Anforderungen verinnerlicht und zur eigenen Philosophie erhoben: „Unsere Stärke ist es, die Ideen der Kunden so in Elektroniken umzusetzen, dass dadurch erfolgreiche Produkte auf Basis absolut verlässlicher Funktionalität entstehen“, wie es Günter Reginka formuliert, einer der drei Geschäftsführer bei Herkules-Resotec. Dreh- und Angelpunkt dieses Ansatzes sind modernste SMD-Bestückungslinien, auf denen unabhängig von der Losgröße – vom einzelnen Prototyp bis hoch zur Großserie – Baugruppen in reproduzierbar gleichbleibender Topqualität gefertigt werden. Vor allem Kunden aus der Automobilwelt wissen die Verlässlichkeit der Baugruppen aus dem Hause Herkules-Resotec zu schätzen – aber auch Industrien wie etwa allgemeiner Maschinen- und Anlagenbau, Druck-Nachbearbeitung, Medizintechnik sowie Industrieelektronik profitieren davon.

Kernkompetenz in Baunatal im Automotive-Bereich ist die LED-Verarbeitung – von Tagfahrlichtern über Blinker, Bremsleuchten und Rücklichter bis hin zu Ambiente-Beleuchtung fertigt das 80-köpfige Herkules-Resotec-Team auf ganzer Linie Qualität in Großserie. Bei den Industrieprodukten kommen massereiche Bauelemente der Leistungselektronik dazu, zum Beispiel MOS-FET (kurz für „metal-oxide-semiconductor field-effect transistor“ bzw. Metall-Oxid-Halbleiter-Feldeffekttransistor) und IGBT („insulated-gate bipolar transistor“ oder Bipolartransistor).

Zentral und sicher zu beherrschen ist dafür die Herstellung der Lötverbindung im Reflowlötverfahren, denn die Entwicklung der Bauelemente mit ihrer zunehmenden Miniaturisierung bei steigender Funktionalität stellt hohe Anforderungen an die Ausprägungen der Lötverbindung. Darüber hinaus gilt es, die gesamte Prozesskette und damit weitere Faktoren im Blick zu behalten, angefangen bei der Lotpaste einschließlich Schablonendruckprozess bis hin zum Reflowlötofen in Kombination mit den verwendeten Parametern. Herkules-Resotec, seit 1985 in der Elektronikfertigung aktiv, verfügt über beste Produktionsbedingungen – nicht zuletzt durch die 2018 neu eröffnete, energieoptimierte Produktionshalle mit idealem Material- und Arbeitsfluss.

Wesentlicher Einfluss: Voidanteil in der Lötstelle

Doch zurück zur Baugruppe: Neben der elektrischen Verbindung ist bei LEDs wie bei Leistungsbauteilen das Wärmeableitverhalten entscheidend. Hochleistungs-LEDs erzeugen im Betrieb eine sehr hohe Energiedichte, die überwiegend über die Fläche der Lötstellen in die Leiterplatte abzuführen ist. Wesentliche Einflussgröße dabei ist der Voidanteil der Lötstelle – mithin der Anteil an Gaseinschlüssen, die sich in den Lötstellen beim Umschmelzen der Lotpaste ausbilden. Je nach Größe und Lage reduzieren diese „Voids“ den Querschnitt der Fügestelle, was etwa bei BTC-Leistungshalbleitern oder LEDs zu einer erheblich verminderten Wärmeabfuhr führt. Die darin enthaltenen Fehlstellen sind demnach keine guten Wärmeleiter (im schlimmsten Fall führt dies zum Ausfall der Komponente), weshalb der Voidanteil auf ein Minimum zu begrenzen ist. Bauteilhersteller geben in ihren Datenblättern thermische Grenzwerte vor, aus denen Entwickler die maximal zulässigen Voidanteile einer Lötstelle definieren, um die maximale Temperatur der Bauelemente im Betrieb nicht zu überschreiten. Die gängige Obergrenze beträgt maximal 25% – bei Überschreiten der zulässigen Temperatur können Bauteile beschädigt und die Lebensdauer der Komponenten verkürzt werden. Dies geschieht umso wahrscheinlicher, je näher die Bauelemente im Grenzbereich ihrer Anwendung betrieben werden. Eine bessere Ableitfähigkeit durch einen verringerten Voidanteil auf 10 bis 15% wirkt diesem Effekt entgegen. Der Voidanteil lässt sich auch unter 5% drücken, allerdings verlängert sich die Prozesszeit dann entsprechend.

Herkules-Resotec und Ersa: Hohes Know-how-Potenzial

Diese vielfältigen Anforderungen und Überlegungen haben Herkules-Resotec dazu bewogen, in einen Reflowofen mit Vakuumlötkammer zu investieren: die Ersa EXOS 10/26 mit elf konventionellen Heizzonen (Ober- und Unterseite), drei Heizungskreisen für die Vakuumkammer und vier Kühlzonen (Ober- und Unterseite). Überzeugt hat die modular aufgebaute Anlage durch mehrere bemerkenswerte Features, unter anderem das viersegmentige Transportsystem mit Einlauf, Vorheizzone mit Peak-Zone, Vakuummodul und Kühlmodul mit jeweils eigenem Transport.
Auch die mittelwelligen Strahler im Vakuumprozess überzeugten, mit denen sich optimale, stabile Temperaturprofile erzielen lassen – die Wärmeübertragung der EXOS, basierend auf einer technischen Weiterentwicklung der bewährten Ersa Mulitjet-Konvektionstechnologie, garantiert ein minimales ΔT mit geringstmöglichem Energieaufwand. In der Vakuumkammer selbst kommt ein stabiler, leicht wechselbarer Rollentransport zum Einsatz, der ohne Schmiermittel auskommt – beste Voraussetzungen für einen wartungsarmen Transport und null Schmiermittelniederschlag auf der Baugruppe während des Vakuumprozesses.

Die Entscheidung für das Ersa Reflowsystem ist demnach komplett nachvollziehbar, zudem stammt nahezu die gesamte Löttechnik der Elektronikfertigung bei Herkules-Resotec aus dem Hause Ersa – los ging es mit einer Wellenlötanlage vom Typ EWS 330, bevor ab 2004 Anlagen aus der HOTFLOW 2 Serie geordert und installiert wurden. Ab 2014 folgte im 2-Jahres-Takt je eine HOTFLOW 3/14, bevor die EXOS 10/26 den Herkules-Resotec-Maschinenpark erweiterte. „Durch die langjährige Zusammenarbeit und vertrauensvolle Partnerschaft über inzwischen 20 Jahre hat sich ein hohes Know-how-Potenzial zwischen den beiden Häusern entwickelt und die Entscheidung zugunsten der neuen Ersa EXOS Vakuum-Reflowlötanlage fiel uns leicht“, sagt Ulrich Jonas, weiterer Geschäftsführer im Managementtrio von Herkules-Resotec. Dank intelligenter Features – allen voran die Vakuumkammer als Bestandteil des Peak-Prozessbereiches – lässt sich mit der Ersa EXOS 10/26 besonders wirtschaftlich „void-free“ produzieren. Bei einer darauf produzierten LED-Baugruppe konnte die Voidrate von vorher 8,5% (größter einzelner Void: 2,2%) auf dann beeindruckende 0,5% (größter einzelner Void: 0,3%) gesenkt werden.

Als Pilotanwender hatte Herkules-Resotec entscheidenden Anteil an der Entwicklung des Reflowofens und lieferte aus Betreibersicht wichtige Hinweise zu Produktivität, Traceability, Service und Wartung. Konkret bedeutet das mit Blick auf die Produktivität, dass Herkules-Resotec großen Wert legt auf eine flexible Auslastung der Produktionslinien. Das heißt, die Vakuumlötanlage muss auch für den klassischen Reflowprozess geeignet sein und den gleichen Durchsatz erreichen. Bei Betrieb mit Vakuumkammer verlängert sich die Prozesszeit, was durch die längere Ausführung des Ofenmodells im Vergleich zu den anderen Reflowöfen bei Herkules-Resotec kompensiert wird. Zudem ist entscheidend, welches Vakuumlevel erreicht werden soll – je höher dieses ausfällt, desto geringer ist die Voidrate. Durch verschiedene Versuchsreihen wurden Daten generiert, um für das jeweilige Produkt individuell optimale Ergebnisse zu erzielen. Zudem punktet die EXOS 10/26 mit großer Wartungsfreundlichkeit: Die gesamte Vakuumeinheit mit Pumpe, Filtern und Ventilen ist größtenteils in den Maschinenraum integriert, so dass der zusätzlich benötigte Footprint weniger als 2 m2 ausmacht – anstehende Wartungsarbeiten können bequem außerhalb der Elektronikproduktion erfolgen, da die komplette Einheit auf einem separaten, beweglichen Modul montiert ist, das sich per Schnellverschlüssen einfach aus der Anlage fahren lässt. Stillstandzeiten sinken so auf ein absolut notwendiges Minimum.

Datenbasis für transparente Produktion

Absolutes Muss für Herkules-Resotec war zudem das Thema Traceability – mittels Management Execution System (MES) wird eine Rückverfolgbarkeit bis auf Bauteilebene und bis hin zu den verwendeten Prozessparametern möglich. Bei der EXOS zählen neben den Temperaturen der Ofenzonen auch das erreichte Vakuumlevel sowie die eingesetzten Prozesszeiten dazu – all diese Daten werden an der vorgesehenen MES-Datenschnittstelle bereitgestellt. Weitere wichtige Anforderung an die Datengenerierung war die Predictive Maintenance, bei der sich die Wartungsintervalle an den Durchsatz und die Leistung des Reflowofens anpassen. Wie ein PKW, der seinen Fahrer auf einen nötigen Ölwechsel hinweist, funktioniert auch die EXOS: Die Anlage „weiß“ genau, wie lange die Vakuumpumpe aktiv war und gibt eine Meldung ab, wenn ein Ölwechsel ansteht. Hier geht es weniger darum, Kosten zu vermeiden, als vielmehr einen zuverlässigen Betrieb sicherzustellen.

„Für unseren dreischichtigen Betrieb ist eine hohe Anlagenverfügbarkeit zwingend. Service und Wartung haben einen hohen Stellenwert. Hier haben wir gemeinsam mit Ersa im Zuge der neunmonatigen Erprobung zahlreiche Optimierungen durchgeführt – unter anderem dass die regelmäßig zu reinigenden Elemente auch in die vorhandene Waschanlage passen“, sagt Geschäftsführer Günter Reginka, der wie sein gesamtes Elektronikfertigungsteam rundum zufrieden ist mit dem inzwischen sechsten installierten Ersa Lötsystem. „Das EXOS Projekt zwischen Herkules-Resotec und Ersa hat einmal mehr gezeigt, wie wertvoll eine solche langjährige Partnerschaft ist – wir bedanken uns ausdrücklich beim Herkules-Resotec-Team für die erfolgreiche Realisierung, von der sicher viele weitere Kunden profitieren werden“, resümierte Ersa Gesamtvertriebsleiter Rainer Krauss zum Ende eines bemerkenswerten bilateralen Projektes.

Highlights Ersa EXOS 10/26

  • Perfekte Synchronisierung und Übergänge durch vierteiligen Transport
  • Wartungsfreundlicher und schmiermittelfreier Rollentransport im Vakuummodul
  • Optimale Zugänglichkeit der Vakuumkammer durch Antriebe von oben
  • Optimale Temperaturprofile durch mittelwellige Heizstrahler im Vakuummodul
  • Höchste Maschinenverfügbarkeit durch schnelle Entnahme der Transporteinheit im Vakuummodul
  • Innovatives Ersa SMART ELEMENTS Reinigungssystem

Autor des Artikels

Michael Haas Produktmanager Reflow, Ersa GmbH

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