Ersa Auto Scavenger Kopf SC 600 am HR 600 XL Hybrid Rework System
Rework

02/2024 | Best Practice Rework

Ersa Scavenger: Berührungslose Restlotentfernung

Noch mehr Prozesssicherheit in der Baugruppenreparatur

In der schnelllebigen Welt der Elektronikfertigung sind Reparatur, Ausbesserung oder Nacharbeit elektronischer Baugruppen, die den Austausch fehlerhafter Komponenten auf Leiterplatten (PCBs) umfasst, inzwischen wichtige und alltägliche Praxis. Im Folgenden soll die Restlotentfernung näher beleuchtet werden – also die fachgerechte Vorbereitung der Baugruppe vor Installation eines neuen Bauteils. Denn Beschädigungen der Leiterplatte lassen sich vermeiden, wenn das Lot kontaktlos entfernt wird. Die Prozesssicherheit in der Baugruppenreparatur von BGA & Co. wird dadurch deutlich erhöht.

Ausgangssituation – Tausch eines Bauteils

Während ein Bauteil von einer Platine entlötet wird, trennt sich das vorhandene Lot einer Lötstelle ungleichmäßig auf. Es bleibt – je nach Temperatur und Beschaffenheit des Bauteilanschlusses – teilweise am Bauteil haften; ein variabler Teil des Lotes verbleibt auf dem Anschlusspad der Platine. Für das neu zu installierende Bauteil muss eine bestimmte Lotmenge definiert werden, damit die reparierte Baugruppe in Funktion und Zuverlässigkeit den Serienprodukten entspricht. Besonders bei Fine-Pitch-Bauteilen und Bottom Terminated Components (BTCs) ist beim Bauteil-Austausch immer auf die richtige Lotmenge zu achten. Sowohl zu magere Lötstellen als auch solche mit zu viel Lot bergen das Risiko von Folgefehlern.

Bisher wurde das Restlot oft manuell entfernt, um als Ausgangsbasis gleichmäßig vorverzinnte Lötanschlüsse zu erhalten. Ein zeitaufwändiger Prozess, der je nach Qualifikation der ausführenden Person nicht immer fehlerfrei blieb. Nicht selten kam es zu Kratzern im Lötstopplack oder gar abgerissenen Lotpads. Heute wird in den meisten Fällen eine automatisierte, berührungslose Lotentfernung favorisiert.

Ersa Rework-System HR 600 XL: automatische Reparatur komplexer Baugruppen bis 625 x 625 mm mit Auto-Scavenger Modul SC 600
Ersa Rework-System HR 600 XL: automatische Reparatur komplexer Baugruppen bis 625 x 625 mm mit Auto-Scavenger Modul SC 600

Mögliche Nachteile der kontaktierenden Reinigung:

  • zuverlässig nur durch im Umgang mit dem Lötkolben geschultes Fachpersonal
  • geeignete Lötspitzen für die optimale Wärmeübertragung und Aufnahme von Lot
  • korrekte Temperatureinstellung an der Lötstation
  • ungleichmäßige Reinigung, da manuell und kein kontinuierlicher Prozess
  • Beschädigung von Pads oder Leiterbahnen, besondere Vorsicht bei Entlötlitzen (Festlöten/Abreißen)

Vorteile der berührungslosen Reinigung:

  • Lot wird abgesaugt, ohne die Platine zu berühren
  • schonender thermischer Prozess mit Schutzgas (N2)
  • gleichmäßige Reinigung und dabei schneller
  • automatisierbarer Prozess – weitgehend unabhängig vom Operator
  • Schädliche Flussmitteldämpfe werden teilweise mit abgesaugt (Lötrauchabsaugung wird zusätzlich empfohlen)
  • verschiedene Düsen je nach Anwendung
Reinigungsergebnis auf BGA-Anschlussflächen – verbleibende Erhebungen auf den Pads lediglich ca. 20 µm (rötliche Färbung)
Reinigungsergebnis auf BGA-Anschlussflächen – verbleibende Erhebungen auf den Pads lediglich ca. 20 µm (rötliche Färbung)

Lot berührungslos entfernen

Die wesentlichen produktiven Vorteile der berührungslosen Entfernung von Restlot sind, dass die Oberflächen der Baugruppe nicht verkratzt , also nicht mechanisch belastet werden. Zudem kann der Prozess der Lotabsaugung sehr zügig und kontinuierlich erfolgen und automatisiert durchgeführt werden. Dadurch fällt auch die thermische Belastung moderat aus, das Reinigungsergebnis ist sehr gleichmäßig.

Bei den gängigen Systemen lässt sich entweder die Arbeitshöhe der Absaugdüse über der Platine fest einstellen oder eine Abstandsregelung sorgt dafür, dass eine definierte Arbeitshöhe eingehalten wird. Je nach vorliegendem Bauteil, dessen Restlot zu entfernen ist, wird eine passende Absaugdüse ausgewählt und die gewünschte Bahnfahrt bei automatischen Systemen vordefiniert – etwa linienförmige Bahnen bei QFPs oder eine mäanderförmige Fahrt für Ball Grid Arrays (BGA). Bei größeren BGAs kann eine Schlitzdüse eingesetzt werden, die bei gleicher Bahngeschwindigkeit eine breitere Bahn reinigt als die Standarddüse und so den Prozess beschleunigt. Für ein Bauteil mit 44 mm Kantenlänge sinkt die Bearbeitungszeit so von ca. 6 min auf etwa die Hälfte.

Die Ersa Scavenger-Systeme sind voll integrierte Module und lassen sich auch an den jeweiligen Rework-Geräten nachrüsten. Sie arbeiten mit einer vom Rework-System unabhängigen Heißgas-Heizung. Vorgeheizter Stickstoff wird genutzt, um das Lot lokal umzuschmelzen. Um eine möglichst schonende Erwärmung zu gewährleisten, hält die Untenheizung des Rework-Systems die Baugruppe auf einer einstellbaren Vorheiztemperatur. Schließlich werden mit der integrierten Vakuumdüse Lotreste und Flussmittel von den Lötstellen abgesaugt und in einem Auffangbehälter und Prozessgas-Filter abgeschieden.

Einstellwerte und Einflussparameter für automatisierte Restlotentfernung:

Parameter und typische Werte

  • Vorwärmung der Baugruppe
  • 150-180 °C
  • Gastemperatur
  • ca. 260-280 °C
  • Gasmenge (N2)
  • ca. 25-30 l/min
  • Geschwindigkeit
  • 1-2 mm/s
  • Abstand zur Platine
  • ca. 200 µm
  • Flussmittel
  • vorhanden / nicht vorhanden
  • Lotkondition
  • Legierung, Oxidationsgrad

Vor der Neuinstallation: Bevor ein neues Bauteil platziert und eingelötet werden kann, wird das bei der Reinigung entnommene Lotvolumen aufgefüllt. Dies ist nicht nur für die gleichmäßige Ausprägung der Lötstellen wichtig, das neue Lotdepot hilft auch bei der homogenen Wärmeübertragung. Das zugeführte Flussmittel entfernt die beim Auslöten und Reinigen entstandenen Oxidschichten. Das neue Bauteil kann mit Lotpaste bedruckt bzw. in Lotpaste oder Flussmittelpaste (bei BGA) gedippt werden. Lotpaste lässt sich auch per Dispenser aufbringen oder mit einer Schablone auf die Baugruppe drucken. Letztgenannte Verfahren können allerdings lange dauern oder aufgrund beengter Platzverhältnisse umständlich sein. Zudem kann die Lotpaste zerfließen, wenn die Baugruppe noch warm ist. Mit der Dip&Print Station von Ersa können die Bauteile einfach und effizient vorbereitet werden, so dass eine Neuinstallation jederzeit erfolgreich verläuft.

Ersa bietet bereits heute für seine Rework-Systeme zusätzliche Module für die berührungslose Restlotentfernung an. Diese können auch an bestehenden Geräten nachgerüstet werden. Der Scavenger SC 550 eignet sich für HR 550 und HR 550 XL. Der Auto Scavenger SC 600 steht für das HR 600 XL und weitere, geplante Systeme zur Verfügung.

Autor des Artikels

Jörg Nolte Produktmanager Rework, Ersa GmbH

Dies könnte Sie auch interessieren